Bye Bye, Air Berlin!

Heute findet der allerletzte Flug der Air Berlin statt. Dadurch verlieren nicht nur tausende Mitarbeiter ihren Job, sondern auch viele Low-Budget-Reisende eine preiswerte Alternative zur Lufthansa. Wir haben einen Blick auf die aktuelle Situation geworfen…

Heute findet der allerletzte Flug der Air Berlin statt. Wir haben es bei unseren bisher 35 Flügen nie geschafft mit der zweitgrößten deutschen Airline zu fliegen und werden es nun ganz offiziell auch nie mehr können. Mit tausenden Arbeitsplätzen auf der Kippe und einer lange eingefädelten Übernahme bleibt ein bitterer Beigeschmack, der sich auch negativ auf die Flugpreisentwicklung in Deutschland auswirken könnte.

Air Berlin Schnäppchen

Für 340 Euro nonstop in die USA? Aufsehen erregt hat die zweitgrößte deutsche Airline bei Schnäppchenjägern wie uns zweifellos mehr als einmal. Oft waren wir nur eine Haaresbreite davon entfernt günstige US-Flüge zu buchen, die für teilweise unter 400 Euro direkt ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten führten. Bis zuletzt setzte man bei Air Berlin auf derartige Langstrecken-Angebote und bis zuletzt verfolgten wir aufmerksam die Preise, u.a. auch bei unserem jüngsten Trip nach Mexiko/USA.

20170916_113448Aus unterschiedlichsten Gründen hat es nicht sollen sein und dieses Jahr sind wir auch nicht böse drüber. Bei unserer Ankunft in Düsseldorf Mitte September sind wir Zeuge geworden von einer nicht enden wollenden Schlange gestrandeter Passagiere am Air Berlin-Schalter. Kurzerhand waren mehrere Langstrecken-Flüge ersatzlos gestrichen worden und tausende Passagiere, die ihre Tickets schon lange bezahlt hatten, waren betroffen und kamen nicht an ihre Ziele bzw. nach Hause und schimpften entsprechend unentspannt auf die hilflosen Air Berlin-Mitarbeiter am Schalter.

Die gecancelten Flügen und gestrandeten Passagiere sind aber natürlich nur das unschöne Ende einer ewig langen Kettenreaktion, die viele auf den Einstieg der Airline ins Interkontinental-Geschäft zurückführen. 2007 kaufte die Air Berlin den Ferienflieger LTU und damit auch das Fluggerät für Langstreckenflüge über den großen Teich. Bis dahin hatte man sich vor allem auf Ferienflüge u.a. nach Mallorca spezialisiert. Doch das reichte offenbar nicht…man wollte vom Touristenflieger zum Netzwerk-Carrier aufsteigen und sich mit den großen Namen im Geschäft messen. Die Konkurrenz hieß nicht länger Tui, sondern Lufthansa & Co…

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Die noch vor kurzem in Düsseldorf groß beworbene Langstrecken-Offensive konnte Air Berlin leider auch nicht retten…

Nur ein Jahr später rutschte die Airline in die roten Zahlen, worauf mehrere Sparprogramme folgten. Daran nicht unwesentlich beteiligt war die arabische Staatsairline Etihad, die sich 2012 in großem Maße bei der Air Berlin einkaufte (29,2% Anteil) und sie fortan mit erheblichen Geld-Spritzen stützte, doch es ging weiter bergab.

2015 machte Air Berlin mit 447 Millionen Euro so viel Verlust wie nie. Trotz massivem Abbau von Arbeitsplätzen und verzweifelten Umstrukturierungen änderte sich nichts. 2017 versuchte sich nochmal ein neuer Chef an dem sinkenden Schiff: Thomas Winkelmann, vorher Lufthansa-Manager und Germanwings-Chef. So zeichnete sich langsam ab, was der Air Berlin eigentlich blühte: eine sauber eingefädelte Übernahme eines Großteils von AB durch die Lufthansa – oder ein abgekartetes Übernahme-Spiel, welches von zahlreichen Beobachtern äußerst skeptisch gesehen wurde und wird. Schließlich gewinnt der Kranich damit eine nicht unerhebliche Monopol-Stellung auf dem deutschen Markt und kann die Preise auf vielen Strecken so machen, wie es ihm in den Kram passt. Schließlich belebt Wettbewerb das Geschäft…und kein Wettbewerb…naja, das Gegenteil eben. Ex-Rennfahrer Niki Lauda, der ebenfalls für Teile der insolventen Air Berlin mitgeboten hat, kritisiert die eingefädelte Übernahme in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „BILANZ“:

„In Düsseldorf zum Beispiel sind jetzt 90 Prozent aller Slots für Starts und Landungen in Lufthansas Hand, kein neuer Konkurrent hat die Chance von Düsseldorf irgendwohin zu fliegen, es gibt keine Slots. […] Die Lufthansa arbeitete seit Anfang des Jahres mit 60 Mann an der Air-Berlin-Übernahme. Die hatten vom ersten Tag an einen Plan, wie sie sich am einfachsten die Air Berlin unter den Nagel reißen.“

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Der große Gewinner im Airline-Poker: Lufthansa’s Low Budget-Ableger Eurowings… (Foto: Uwe Fränken ; https://flic.kr/p/XVWWF3 [Creative Commons])

Was also zunächst wie trockene Airline-Wirtschaftskost erscheint, könnte für preisbewusste Reisende eine nicht unwesentliche Entwicklung sein. Viele befürchten, dass die Zeit der deutschen USA-Schnäppchen nun vorbei sein könnte und zukünftig Lufthansa mit ihrem Günstig-Ableger Eurowings den Markt weitgehend kontrollieren wird. In wie weit das durch geht, müssen nun erstmal die Kartellbehörden der EU festlegen. Niki Lauda mutmaßt im BILANZ-Interview über die neue Monopolmacht der Lufthansa: „Sie führt natürlich dazu, dass ab sofort alle Tickets teurer werden.“

Für alle heißt es nun also erst mal abwarten und den zahlreichen Air Berlin-Mitarbeitern viel Glück für die Zukunft zu wünschen. Denn aus einer Transfergesellschaft, die die bis zu 4.000 Beschäftigten erstmal übergangsweise auffängt, wird leider nichts. Der Bund, sowie Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern konnten sich auf keine Lösung einigen und überlassen die Air Berlin-Mitarbeiter ab heute weitgehend sich selbst. Gerade dadurch bekommt die kalkulierte Lufthansa-Übernahme, die vom deutschen Staat nicht ganz unwesentlich mitunterstützt wurde,  einen faden Beigeschmack. Denn wer denkt, dass die größte deutsche Airline die Air Berlin-Besatzungen mit offenen Armen empfängt, liegt falsch. Die neuen Jobs, die in den nächsten Wochen und Monaten in erster Linie bei Eurowings entstehen, sind deutlich schlechter bezahlt und nicht mal in Deutschland beheimatet. Angestellt wird bei Eurowings Europe in Österreich, um deutsches Arbeitsrecht zu umgehen bei Gehaltseinbußen von bis zu 40 Prozent. Eurowings-Chef Thorsten Dirks verteidigt diese Konditionen mit einem Seitenhieb gegen den bankrotten Konkurrenten. „Es habe einen Grund, dass Air Berlin insolvent gegangen sei, auch wegen der Personalkosten habe die Airline Geld von Etihad gebraucht“, so ist u.a. im Handelsblatt zu lesen.

Wenn heute Flug AB6210 um 21.35 Uhr in München startet und gegen 22.45h in Berlin am Flughafen Tegel landet, geht ganz offiziell eine Ära zu Ende und es bleibt nur noch eine große deutsche Fluggesellschaft übrig.

Ob die Piloten sich so spektakulär verabschieden, wie die Kollegen beim letzten Air Berlin-Langstrecken-Flug am 16. Oktober, bleibt abzuwarten.

Wie weit seid ihr schon mit Air Berlin geflogen? Wie waren eure Erfahrungen? Und wie seht ihr das Ende der zweitgrößten deutschen Airline?

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