Condor ist eine dieser Airlines, die man gar nicht so wirklich auf der Karte hat, wenn es um Langstreckenflüge geht. Das kommt sicher daher, dass man sie vor allem mit Pauschaulreisen verbindet, was auch zweifellos das Kerngeschäft der Marke ist: Mallorca, Kanaren, etc… Warum setzen wir uns also bei denen in den Flieger nach Las Vegas?
Die genauen Gründe könnt ihr HIER nachlesen, aber in erster Linie waren es einigermaßen erschwingliche Direktflüge, was dieses Mal wegen Zeitmangel enorm wichtig war. Und ein großer Vorteil lockte uns schon vor der Buchung, nämlich inkludiertes Aufgabegepäck (das hat sich mittlerweile geändert > siehe weiter unten), Entertainment und Verpflegung im Flugzeug…also teilweise die Extras, die selbst die Netzwerk-Carrier mittlerweile mehr und mehr zusammenstreichen. Wir waren der Meinung, dass wir mit guten 600 Euro/Ticket ein ganz gutes Geschäft gemacht hatten. Ob das wirklich so war, gehen wir mal Punkt für Punkt durch…
MEHR ZU UNSEREM LAS VEGAS-TRIP:
Sitzplatzreservierung
Nachdem wir letztes Jahr von AirFrance ohne Sitzplatzreservierung mit zwei zusammengehörigen Tickets meilenweit auseinander gesetzt worden waren, wollten wir diesmal um jeden Preis unsere Plätze reservieren. Wenn ich mit meiner Freundin in Urlaub fliege, will ich auch (garantiert) neben ihr sitzen! Die billigsten Sitzplätze schlagen bei Condor mit 40 Euro/Strecke zu Buche, wir wollten an die Fenster-2er-Reihe und mussten 50 Euro/Strecke zahlen….pro Person versteht sich. Ihr könnt selbst hochrechnen, was da am Ende rauskam.
Aufgabegepäck
Bei unserem Flug war das Aufgabegepäck noch im Flugpreis inbegriffen. Ab dem 16. Oktober dürft ihr nur noch ein Handgepäckstück und eine Handtasche mit insgesamt sechs Kilo Gewicht mit in die Kabine nehmen. Wollt ihr ganz klassisch noch einen großen Koffer mitnehmen, dürft ihr pro Gepäckstück pro Strecke 59,99 Euro zusätzlich einkalkulieren. In unserem Fall hätte sich der Flug also nochmal um fast 240 Euro verteuert. An der Stelle darf man sich aber nichts vormachen: diese Taktik fahren leider so ziemlich alle großen Airlines mittlerweile.
Verpflegung
Da wir beide Vegetarier sind, müssen wir immer dran denken rechtzeitig vor dem Flug vegetarisches Essen bei der Fluggesellschaft anzumelden. Schon tausendmal gemacht, nie ein Problem gehabt! Bei Condor gibt es die Funktion nicht. Wer hier irgendeinen kulinarischen Sonderwunsch hat, bezahlt IMMER mindestens 18$/Mahlzeit, die Buchung dazu erfolgt online, am Check-In-Schalter gibt es die Option nicht mehr! Egal ob Vegetarier, Veganer, Jude, Moslem oder Gluten-Unverträglichkeit…18$! Das das ein bisschen diskriminierend ist, davon will man weder beim kurz angebundenen Service im Chat, noch per Mail etwas wissen. Im Gegenteil, wir werden sogar recht patzig abgewiesen und es wird darauf verwiesen, dass „Qualität ihren Preis hat“.

„Condor achtet auf Qualität, die ihren Preis hat.“ – Ein Originalbild vom vegetarischen Premium-Meal unseres Rückfluges von Las Vegas nach Frankfurt.
Dafür 18$ zu kassieren, grenzt schon an eine Frechheit, ist aber tatsächlich so gewesen!
Entertainment
Seit Condor die Einrichtung ihrer Flotte vor einigen Jahren ganz nett aufgehübscht hat, gibt es an jedem Sitzplatz ein kostenloses Entertainment-Sytem. Neben der klassischen Kartenansicht über den Verlauf des Flugs gibt es natürlich auch Unterhaltungsprogramm. Die Auswahl beschränkt sich allerdings auf 2 alte Fime und 2 Serien-Episoden. Wer mehr will, darf nochmal 8 Euro pro Sitzplatz bezahlen und erhält dann eine bessere Auswahl, die aber auch nicht mal ansatzweise mit dem kostenlosen Bordprogramm von Lufthansa & Co mithalten kann.
Den Flug über kam es zweimal vor, dass das Entertainment-System abstürzte und dann neu gestartet werden musste. Die Stewardessen waren dabei aber immerhin sehr hilfsbereit.
Das Entertainment-System verfügt über einen USB-Anschluss, mit dem sich Smartphones, Tablets & Co laden lassen.
Meilen-Ausbeute
Condor ist Mitglied bei Lufthansa’s Miles & More-Programm, was uns als fleißigen Meilensammlern natürlich entgegen kommt. Generell sollte man auch bei einem Economy-Langstreckenflug von fast 10.000 Kilometern mit keiner großen Ausbeute rechnen. Bei Condor gab es für beide Strecken lediglich 500 Meilen pro Person. Da kriegen wir in der Regel mehr bei einem REWE-Einkauf mit Payback-Coupons.
Der Flug
Aus unseren einigermaßen günstigen Direktflugen sind also in der Zwischenzeit High-Price-Flüge geworden, wo man mit ein bisschen Geschick schon bei der Konkurrenz Premium Economy-Plätze hätte schießen können. Aber wie war denn jetzt das eigentliche Flugerlebnis?
Unser Flug ging ab Frankfurt mit dem Standard-Abfertigungsprozedere. Früh genug da sein ist an Deutschlands größtem Flughafen besonders wichtig, der Betrieb hielt sich aber glücklicherweise in Grenzen. Condor boarded leider oft an weiter weg gelegenen Parkpositionen, was eine kleine Busfahrt vor dem Flug zur Folge hat.
Die Maschinen sind wie bereits erwähnt alle vor wenigen Jahren neu eingerichtet worden. Die Kabine der Boeing 767-300 wirkt hell und modern. Die Sitze sind mit rund 76cm Sitzabstand nicht besonders großzügig gestaltet (bei der Konkurrenz gibt es rund 2cm mehr), aber durch die luftige 2-3-2er-Bestuhlung der verhältnismäßig kleinen Maschine doch erträglich. Tamy sitzt am Fenster, ich neben ihr und damit direkt am Gang…so können wir jederzeit aufstehen, ohne andere Passagiere zu stören. So haben wir es eigentlich am liebsten. Gut gereinigt sind unsere Plätze aber leider nicht, mein Klapptisch hatte definitiv keinen feuchten Lappen vor Abflug gesehen.
Vom schicken Innenleben sollte man sich übrigens nicht täuschen lassen. Die Condor-Flotte ist alt. Richtig alt! Unsere Maschine mit dem Kennzeichen D-ABUL von Frankfurt nach Las Vegas fliegt seit über 24 Jahren. Bedenken muss man nicht haben, die Sicherheits-Statistik bei Condor ist einwandfrei, aber in moderneren Flugzeugtypen würde man sich doch etwas besser aufgehoben fühlen. Für die kommenden 11 Stunden ist diese etwas in die Jahre gekommene Aluröhre nun unser Zuhause und nach den ganzen Gebührenfallen im Vorfeld ist das eigentliche Flugerlebnis zumindest solide und wir können heute sogar unfassbare Ausblicke auf Grönland genießen.
Die Crew ist relativ freundlich, die Sitze sind einigermaßen bequem, wir können zwischendurch schlafen. Darüberhinaus weisen die Piloten auf sympathische Weise immer mal wieder auf tolle Aussichten hin. Viel mehr kann man von einem Interkontinental-Flug in der Economy-Class ja eigentlich nicht erwarten. Wobei…da wären ja noch unsere Gourmet-Menüs für 18 FUCKING DOLLAR!
Während wir euch weiter oben den exquisiten Hauptgang des Rückflugs präsentierten, sah so das Essen auf dem Hinflug aus. In einer echten Porzellan-Schale serviert mit richtigem Besteck. Geschmacklich zwar nie und nimmer 18$ wert, aber wir hatten deutlich schlimmeres erwartet. Beim Rückflug erfüllten sich diese Erwartungen leider in jeglicher Hinsicht. Ein fast undefinierbarer, unappetitlicher Matsch in der Wegwerfschale der einem allen Ernstes als Premium Meal verkauft wird. Für den unverschämten Preis sollte man zumindest eine gewisse Kontinuität im Produkt erwarten können.
Nach guten 10 Stunden klart die Wolkendecke langsam auf und offenbart die Landschaften, die wir so lieben. Gigantische, weitläufige Wüstentäler, Felsen, die in allen erdenklichen Rottönen strahlen, we’re coming home! Der Landeanflug hat ein paar nette Durchsacker im Gepäck, aber das ist in den Wüstentälern um Las Vegas normal. Unsere Piloten setzen die alte Lady mit einem entschiedenen Wumms auf die Runway und wir sind offiziell wieder in Amerika angekommen.

Der Anflug auf Las Vegas ist mit Stripview absolut spektakulär!
Unterm Strich aber mit einem recht zwiegespaltenen Gefühl. Der Flug selbst war dann doch okay, die ganzen versteckten Abzockergeschichten hinterließen aber einen extrem bitteren Nachgeschmack. Und die Nummer mit dem vegetarischen Essen ist ein No Go, was wir so noch bei keiner Airline erlebt haben. Entweder sollen doch bitte alle für das Essen zahlen oder keiner. Nicht nur jedem Vegetarier/Veganer wird hier ein unverschämter Betrag aus der Tasche gezogen, sondern auch Menschen, die aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen auf angepasste Meals angewiesen sind.
Das hat dann auch nix mit Schnäppchenjägern und „Wer billig kauft, kauft doppelt!“ zu tun, sondern ist einfach eine diskriminierende Vorgehensweise. Bei Ryanair berechnet man jeden Becher Wasser, aber dafür muss jeder Fluggast zahlen. Das ist dann auch teilweise Wucher, aber in der Konsequenz zumindest fair. Alle Passagiere werden gleich behandelt. Und das vegetarische Ryanair-Menü kostet im übrigen sogar nur 10 Euro.
Würden wir wieder mit Condor fliegen oder sie weiterempfehlen? Wahrscheinlich nicht, die Economy-Produkte von Lufthansa, British Airways, Air France & Co sind unterm Strich nur geringfügig besser, bieten aber in der Regel auch für uns Bordverpflegung und volles Onboard-Entertainment, sowie eine bessere Meilen-Ausbeute in neueren Maschinen und mit freundlicherem Support. Sitzplatzreservierungen sind allerdings auch bei den großen Airlines ähnlich teuer wie bei Condor.
Update 16.10.2018: Durch die nochmal zusätzlichen Gepäckgebühren von 59,99 Euro/Gepäckstück/Strecke wird das Gesamtpackage Condor-Langstrecke nochmal ein gutes Stück unattraktiver. Auch hier ist es wichtig zu erwähnen, dass mittlerweile so ziemlich alle großen Carrier mit diesen Handgepäck-Tarifen operieren und Aufgabegepäck Geld kostet. Dafür sind dann aber zumindest die Maschinen neuer, das Entertainment inklusive und das Essen für alle gleich gratis/teuer (je nach Tarif).
Danke für diesen tollen Blog-Artikel.
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Vielen Dank! Auch schon schlechte Erfahrungen mit Condor gesammelt?
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