Mit Ryanair nach Irland fliegen hat ja schon fast was von einem Heimatbesuch des irischen Billigfliegers. Komisch nur, wenn der gebuchte Flug sich als Ryanair-Jet mit klitzekleinen Schriftzügen einer Malta Air auf der Ryanair-Bestuhlung präsentiert. Was ist jetzt Malta Air und was Ryanair? Und wer zur Hölle ist dann Air Malta?
Um die letzte Frage gleich zu Beginn zu beantworten: Air Malta ist die nationale Fluggesellschaft Maltas und fliegt mit 10 Mittelstrecken-Jets Ziele in ganz Europa, sowie in den Vereinigten Arabischen Emiraten an. Die Airline ist ein Codeshare-Partner von Lufthansa und damit eine vollwertiges Mitglied im europäischen Airline-Zirkus.
Wer Ryanair ist, wissen wir alle, also springen wir gleich zu Malta Air! Mit Unterstützung der maltesischen Regierung hat der irische Billigflieger dieses Jahr eine Tochtergesellschaft auf Malta gegründet und will dort in Zukunft 50 Flugzeuge stationieren. Das verspricht eine Menge Jobs und wird für Wachstum am heimischen Flughafen sorgen. Gleichzeitig fällt man aber auch der National-Airline ins Kreuz, denn mit der Ryanair-Tochter hat man sich nicht mal die Mühe gemacht, einen neuen Namen zu kreieren. Malta Air…Air Malta…ein Schelm, wer böses dabei denkt.
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Aber warum überhaupt eine Tochtergesellschaft? Ryanair funktioniert doch seit Jahren hervorragend…oder nicht? Tatsächlich ist es für die Iren in den letzten Jahren schwieriger geworden, denn die Piloten und Flugbegleiter der Airline beginnen sich langsam aber sicher gegen die oft kritisierten Arbeitsbedingungen des Billigfliegers zu wehren. Schein-Selbstständigkeiten, undurchsichtige Verträge, miserable Sozialleistungen…die Ticketpreise von Ryanair kamen in den letzten Jahren auch dadurch zustande, dass die Angestellten schlichtweg ausgenutzt und ausgebeutet wurden. Jeder, der mit Ryanair fliegt – und das tun wir auch immer noch und müssen uns damit an die eigene Nase fassen – unterstützt diese Zustände.

Doch anstatt auf lange Sicht etwas am Konzept zu ändern, streuen die Iren neuerdings in die Breite. Nach Laudamotion folgt nun mit Malta Air ein neuer Ableger und weitere stehen bereits in den Startlöchern. Für die Iren bedeutet das im Fall von Malta Air steuerliche und gesetzlich Vorteile. Das gilt nicht nur für Flüge, die von der Mittelmeerinsel starten, sondern interessanterweise auch für in Deutschland stationierte Jets. 5 in Köln-Bonn stationierte Flugzeuge und zwei aus Karlsruhe wurden bereits rechtlich auf Malta Air übertragen, bleiben aber weiterhin an den deutschen Standorten stationiert. In Zukunft sollen die Maschinen zumindest umlackiert werden.
Kommentar: Mit Malta Air könnte Ryanair Tarifverträge umgehen https://t.co/eR1apVwxKO pic.twitter.com/c3ZeBjyWUn
— AviationNetOnline (@AAviationNet) June 12, 2019
Aber warum der ganze Aufwand? Einen Vorgeschmack, wozu diese undurchsichtige Strategie führen könnte, gibt das Beispiel Laudamotion, die auch ein Jahr nach der Gründung noch hohe Verluste einfliegt. Mutterkonzern Ryanair setzt die österreichische Tochter zunehmend unter Druck und droht damit eigene Jets in Wien zu stationieren, mit denen man gewinnbringender fliegen könnte. Darüberhinaus sucht man im Hintergrund nach Piloten für eine weitere Tochtergesellschaft – die polnische Buzz -, die in der Laudamotion-Homebase Wien unterkommen sollen. So baut sich ein latentes Druck-Szenario auf. Wenn ein Airline-Zweig nicht wie gewünscht funktioniert, ersetzt man ihn mit einer anderen Tochter. Wenn Steuern erhöht werden oder Personal streikt, weicht man auf in Malta registrierte Jets aus oder schließt Standorte komplett, die man dann nur noch von außerhalb bedient. So kann man nicht nur die eigene Besatzung, sondern auch Länder und Flughäfen um den kleinen Finger wickeln.

Für die Kunden ändert sich wenig. Der Buchungsprozess ist identisch, oft – wie in unserem Fall – erkennt man nicht mal, dass der Flug nicht von Ryanair durchgeführt wird. Es gibt die übliche Ryanair-Maschine, das übliche Chaos beim Boarden, den üblichen Kampf um die Gepäckfächer und der gleiche gute Sitzabstand, der bei den neuen dünnen Sitzen einfach mal größer ist, als bei den neuen A320Neo-Jets der Lufthansa. Uns ist immer noch schleierhaft, wieso die großen Carrier hier nicht versuchen, Boden zu der Billig-Konkurrenz gut zu machen.

Unser Flug zu einem sensationellen Überraschungs-Trip (vielleicht liefert Tamy da noch was zur Buchungs-Odyssee) nach Knock in Irland war dann letztendlich auch Ryanair durch und durch. Die Malta-Air-Ryanair-wasauchimmer-Crew war immerhin außergewöhnlich nett und hatte immer ein Lächeln auf de Lippen, was bei der nicht immer entspannten Kundschaft sicherlich nicht so einfach ist, wie es sich jetzt anhört.

Für die Kunden ändert sich also nicht viel, aber trotzdem sollte man sich über die Ryanair-Umstrukturierung, die da ganz still und heimlich im Hintergrund abläuft, im Klaren sein. Denn mit jedem Ticketkauf unterstützt man die fragwürdige Personalpolitik der Iren, die mit immer neuen „kreativen Einfällen“ Druck auf die Belegschaften ihrer Unternehmen aufbauen kann.
Ein Ansatz zum Nachdenken, ganz ohne erhobenen Zeigefinger, schließlich fliegen wir schon übermorgen auch wieder mit Ryanair. Aber nachdenken soll erlaubt sein und führt mit diesen Informationen vielleicht nicht nur bei uns zu einem langsamen Umdenken.
Jetzt interessiert uns wie immer natürlich auch eure Meinung! Seid ihr auch schon mit Malta Air unterwegs gewesen, obwohl ihr einen Ryanair-Flug gebucht hattet? Wie seht ihr die neue Strategie der Iren, ihr Geschäft auf mehreren Tochtergesellschaften aufzubauen?
Durch Zufall habe ich gerade gesehen, dass wir mit Malta Air fliegen anstatt Ryanair. Der Flug von Malpensa nach Lamezia wird also durch Malta Air durchgeführt. Na gut… Wir sind gespannt. Vor allem bezüglich den ganzen Corona Vorschriften. Aber stornieren geht halt leider auch nicht mehr.
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Grundsätzlich werdet ihr keinen Unterschied zu Ryanair merken, oft ist es wie im Artikel beschrieben sogar ein Ryanair-Flugzeug mit Ryanair- Crew, die aber leider meist zu schlechteren Konditionen angestellt ist. Das ist natürlich Mist, aber im Endeffekt supportet man dieses Geschäftsmodell ja auch schon mit jeder Ryanair-Buchung (die wir ja auch immer wieder fliegen). Da es auf vielen Strecken meistens nicht mal eine Alternative gibt, ist es eben auch echt schwer den Billigflieger komplett zu meiden, obwohl sie es wegen solcher Geschäftsmodelle definitiv verdient hätten.
Wir sind aber gespannt, wie das mit den Corona-Vorschriften läuft bei euch, berichtet da gerne nochmal! 🙂
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Es gibt ganz viel Service jobs in ‚am Boden‘ in Deutschland wo Mitarbeitern ausgenutzt werden oder auf jedenfalls nicht gut bezahlt und wenig Perspektiv. Die Leute wiederum die für Ryanair arbeiten gehen zu ihren Heimatländer vermögend nach ein paar Jahren zurück. Die ganze Aufregung über unfaire Arbeitsbedingungen kommt vermutlich von Lufthansa die druck auf die Politik ausübt. O Leary von Ryanair schießt zurück auch mit Methoden die nicht vom Gentlemans club sind. Warum ich Lufthansa teils der 5 fache in € geben soll für den gleichen Flug entgeht mir ganz
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