Die Langstrecken-Business Class der SWISS gilt gemeinhin als beste in der Lufthansa-Familie. Aufgrund einer Umbuchung kamen wir im März in den Genuss, dass Schweizer Flaggschiff-Produkt auf einem Flug von Zürich nach San Francisco ausgiebig zu testen…
Wie wir als Rheinland-Pfälzer mit nahen Flughäfen in Luxemburg, Frankfurt und dem Ruhrpott überhaupt in Zürich gelandet sind, erfahrt ihr detailliert in unserer Swiss-Business Class auf Kurzstrecke-Review, denn eigentlich war das anders geplant.
Aber egal, im Endeffekt fanden wir uns nach einem Kurzstrecken-Hopser im A220-100 am Flughafen Zürich wieder und wurden via Bus von der Parkposition auf dem Vorfeld ins Terminal gefahren. Dabei bekamen die wenigen Business Class-Passagiere ihren eigenen Bus, was wir sehr positiv empfanden.
Im Terminal angeommen vermischten sich dann wieder die Ströme, aber das war schon okay. Für unseren Interkontinentalflug mussten wir sowieso ins Satelliten-Terminal E, zu welchem es via Untergrund-Shuttlebahn ging. Der Transfer läuft problemlos und superschnell, nach rund zehn Minuten hat man die kurze Strecke inklusive Zugfahrt geschafft und findet sich im weitläufigen, schlauchähnlichen Satelliten-Terminal wieder. Da wir noch etwas Zeit bis zum Abflug hatten, war der Workflow klar: dank Business Class-Tickets wollten wir in die SWISS-Lounge!


Die SWISS Business Class-Lounge im Satelliten-Terminal
Tatsächlich hatten wir eigentlich die Senator-Lounge im Auge, in welcher man aufgrund eines Amex-Lufthansa-Deals angeblich mit einem Business-Ticket und der American Express Platinum-Kreditkarte auch in Zürich Zutritt erhalten sollte. Den Workflow konnten wir leider nicht bestätigen, zumindest in unserem Fall wurden wir recht bestimmt an der Rezeption der Swiss-Lounges abgewiesen. Wir sind uns bis heute nicht ganz sicher, ob das Personal in dem Fall einfach keine Ahnung hatte oder ob dies wirklich korrekt so war.
Anyway, wir checkten in die Business-Lounge der SWISS ein, die – obwohl kurz vor der Mittagszeit – noch angenehm leer war. Dies könnte daran liegen, da man aufgrund der Corona-Pandemie hier noch kein Catering anbot und stattdessen alle Kunden zum Essen in die Senator-Lounge schickte. Wir durften also als Business-Lounge-Gäste in der Senator-Lounge unseren Teller füllen und anschließend wieder zum „Business-Fußvolk“ zurücklaufen, um dann dort zu essen.
Klingt anstrengend und unnötig, war aber tatsächlich gar nicht so doof. Denn der Restaurant-Bereich in der Senator-Lounge war vollgepackt mit Reisenden, von denen wahrscheinlich nicht wenige einfach mit Business-Ticket im Senator-Bereich blieben. Aufgrund des Betriebs gingen wir nur allzugerne in die leere Business-Lounge zurück und genossen unser vom sehr netten Lounge-Personal angerichtetes Mittagsgericht (also kein klassischer Büffet-Selbstbedienungs-Betrieb) mit Blick auf das Flughafen-Vorfeld. Getränke gab’s glücklicherweise aber auch im Business-Bereich.




Auch wenn Direktflüge natürlich ihren Reiz haben, in der Business Class ist der Zwischenstopp dank des Lounge-Workflows meist eine ziemlich entspannte Geschichte. So empfanden wir unseren Zürich-Break als superentspannend und angenehm und konnten danach ausgeruht und gut gesättigt zur Boeing 777-300ER der SWISS marschieren, deren Gate nicht weit von der Lounge auf uns wartete.

Da wir uns in der Lounge etwas zu viel Zeit gelassen hatten, war das Economy Boarding schon in vollem Gange und wir hatten unsere „Priority“-Möglichkeit verpasst. Vor dem Gate wurden unsere Einreise-Unterlagen nochmal an einem separaten Schalter kontrolliert und anschließend ging es für uns in Richtung Gangway. Mit unseren Business Class-Tickets wurden wir dann trotzdem ohne Anstehen durchgewunken und es ging endlich wieder durch eine lange Gangway in einen richtigen Langstrecken-Jet. Auch wenn wir in der Pandemie einige male in Kurzstrecken-Flugzeugen unterwegs waren, ist der Langstrecken-Workflow doch nochmal etwas ganz anderes. Allein die großen Flugzeuge sorgen für eine ganz andere Atmosphäre… und die Boeing 777-300ER als aktuell größter Zweistrahler der Welt macht da keine Gefangenen. Alleine ihre Triebwerke, die aktuell größten der Welt, haben den Durchmesser einer Boeing 737. Größer werden in Zukunft nur die Turbinen des Nachfolgers, der 777X sein.

Wichtige Sitzplatz-Überlegungen für die SWISS
Die Business Class-Kabine der SWISS verfügt über ein nicht ganz alltägliches Layout, welches aber zweifellos enorme Vorzüge hat. Hier können sowohl Alleinreisende, als auch Paare auf den Fensterplätzen sitzen, denn die Bestuhlung wechselt am Fenster zwischen 2er- und 1er-Sitzen. Gerade bei alleinreisenden Geschäftsleuten sind die „Thron“ genannten Einzelsitze extrem beliebt, da sie deutlich mehr Privatsphäre bieten.
Als reisendes Paar freuten wir uns aber natürlich über die Doppelsitze am Fenster, die es bei vielen Airlines mittlerweile nicht mehr gibt. Die SWISS bietet somit quasi das beste aus beiden Welten an.
Achtung: Als wir von der Miles & More-Hotline auf den SWISS-Flug umgebucht wurden, waren unsere Sitzplätze in Reihe 11. Eine Recherche bei seatguru und in diversen Youtube-Videos ergab schließlich, dass sich in dieser Reihe KEINE Fenster befinden. Eine Umbuchung war aber telefonisch zum Glück kein Problem, so dass wir mit der zwölften Reihe glücklich werden konnten… 😉
Detailverliebt, aber eng – Das Bordprodukt der Schweizer
Aber wie war denn jetzt unser erster Eindruck von der Langstrecken-Business Class der Schweizer? Von der Materialanmutung mit Holz-Applikationen und kleinen Details waren die Sitze deutlich detailverliebter als bei der stark in die Jahre gekommenen Lufthansa-Business Class. Branchen-üblich gab es eine Kabel-gebundene Fernbedienung für das angenehm große 16-Zoll-Entertainment-Display, darüberhinaus gab es für jeden Platz eine Steckdose + USB-Steckplatz (USB A), sowie zahlreiche Einstellmöglichkeiten für den Sitz. Ein Kleiderbügel mit der Sitzplatznummer und eine kleine Sitzplatzbeleuchtung unterstrichen den wohnlichen Touch.




Aber die SWISS-Anordnung fühlte sich durch die abgeschirmtere Strukturr von Beginn an auch irgendwie eng an, vor allem auf dem Fensterplatz. Wollte Tamy von dort zum Gang hatte sie einen gut 30 Zentimeter breiten Schloff, durch den sie sich durchzwängen musste, um überhaupt ihren Sitz verlassen zu können, die Klettereinlage über mich, also ihren Sitznachbarn, kam dann erst danach. Tatsächlich hatte die etwas geräumigere, luftigere Lufthansa-Anordnung für uns irgendwie Vorteile, da sie weniger einengend war.

Versteht uns nicht falsch, am Flatbed gab es gar nichts auszusetzen, wir konnten uns bis zum Gehtnichtmehr austrecken, es gab mehrere Verstaumöglichkeiten, aber bei den drei anderen Business Class-Produkten, die wir bisher fliegen durften (Lufthansa, Aeromexico, Latam) hatten wir ein angenehmeres Raumgefühl.
Anyway, wir waren beide hyped, auch wenn sich abzeichnete, dass es wegen unserem selbstverschuldeten späten Boarding wohl keinen Welcome Drink mehr geben würde. Entsprechend zügig wurde die mächtige 777-300ER auch vom Gate zurückgeschoben und es ging Richtung Startbahn. Dort gab es einen leichten Rückstau, gleich mehrere andere 777s, sowie altehrwürdige Airbus A340-300 erhoben sich vor uns in die Lüfte. Zeit für uns, ins Amenity Kit reinzuschauen. Das hübsche Teil mit den üblichen Inhalten (Zahnbürste, Augenmaske, Kamm,..) entpuppte sich als kleiner, detailverliebter Kulturbeutel. Immer wieder eine nette Dreingabe.


In the Air
Dann waren wir dran. Mit einem mächtigen Röhren drehten die beiden GE90-Triebwerke auf und setzten den 74 Meter langen Koloss in Bewegung, immer wieder ein Erlebnis! Kurze Zeit später waren wir in der Luft und drehten uns über Zürich auf Kurs, während die schneebedeckten Alpen am Horizont immer kleiner wurden.
Recht zügig legte die SWISS anschließend mit dem Service los, wir hatten wie immer ein vegetarisches Menü vorbestellt. Die Flugbegleiter waren einigermaßen freundlich, aber nicht übermäßig aufmerksam. Bei unserem ersten Lufthansa-Business Class-Flug im Jahr 2019 war das Service-Erlebnis definitiv ein ganz anderes. Vielleicht war der eher vorsichtige Kundenkontakt bei der SWISS aber auch noch durch die Pandemie gebremst.
Für das leibliche Wohl startete der Service mit Getränken und Nüssen, dann wurde unser Tisch gedeckt und es gab eine kleine Vorspeise aus Salat, Trockenfrüchten und einem Brötchen. Der anschließende Hauptgang einer Ratatouille-ähnlichen Sauce auf zerkochten Nudeln wäre nicht mal in der Economy Class wirklich gut gewesen, in der Business Class war es qualitativ eine ziemliche Frechheit.




Anyway, nach dem Dessert wurde es Zeit, den Business Class-Sitz zu genießen. Wir ließen uns in eine entspannte Haltung zurückfahren und starteten ins gut sortierte Entertainment-Programm, welches bei der SWISS kaum Wünsche offen ließ.
Nach dem Film fuhren wir unsere Sitze in die komplett flache Position und schliefen ein wenig. An Bord eines Flugzeugs wie in einem Bett zu schlafen bleibt ein geradezu surreales Erlebnis und ist erade auf langen Interkontinentalflügen einfach so unfassbar entspannend. Das Erlebnis der etwas beengten Umgebung bestätigte sich auch in der Erholungsphase, gerade für den Fensterplatz. Dennoch konnten wir beide super Energie tanken.
Einen zweiten Snack an Board gab es aufgrund eines neuen Servicekonzepts bei der SWISS nicht. Stattdessen konnten Fluggäste bis 90 Minuten vor der Landung flexibel aus einer Bistrokarte verschiedene Snacks wählen. Wir verzichteten darauf, weil wir noch recht gut gesättigt waren und auch noch Platz für ein Abendessen in San Francisco lassen wollten.

Nach rund 11 Stunden Flugzeit ging es schließlich in den Landeanflug. Der überwiegende Teil der San Francisco Bay präsentierte sich komplett wolkenfrei. Unsere 777-300ER vollführte den Sinkflug entlang der Golden Gate Bridge, Alcatraz und Downtown San Francisco, flog anschließend noch etwas weiter nach Süden und drehte sich dann am südlichen Ende der Bucht zum Landeanflug ein.
Wenig später spürten wir – dank Business Class-Flügen – superentspannt nach fast 2,5 Jahren Corona-Pause wieder amerikanischen Boden unter unseren Füßen.
Fazit

Die Business Class der SWISS wirkt gerade aufgrund der Detailverliebtheit hochwertiger als die Konkurrenz im Lufthansa-Konzern. Mit Holz-Applikationen, geschickter Materialauswahl und hübscher Beleuchtung stellt sich fast so etwas wie Wohnzimmer-Atmosphäre ein. In der riesigen Kabine des SWISS-Flaggschiffs 777-300ER wird aber selbst die heimeligste Business Class schnell zum Massenprodukt.
Größter Kritikpunkt für uns war die enge Kokon-artige Anordnung, besonders an Tamys Fensterplatz. Für viele mag das ein Vorteil sein, da man stärker von den anderen Fluggästen abgeschottet ist, wir empfanden es eher als einengend, besonders im Vergleich zur etwas offeneren Lufthansa-Business Class.
Enttäuscht waren wir vom Catering, das allenfalls Economy-Niveau hatte. Auch der Service war eher zurückhaltend. Gerade dieser Punkt ist aber natürlich sehr Crew-abhängig und kann bei jedem Flug anders sein. Nichtsdestotrotz bleibt bei uns als Fluggästen das Erlebnis auf eben genau diesem einen Flug hängen und beeinflusst uns dementsprechend bei zukünftigen Buchungen.

Würden wir wieder in der Business Class der SWISS fliegen? Definitv ja, schlecht war das Produkt auf keinen Fall, alles funktionierte gut, der Umstieg in Zürich war dank toller Lounge ein willkommener Zwischenstopp und wir sind im Endeffekt wahnsinnig komfortabel über den großen Teich gereist. Je mehr Produkte wir vergleichen können, desto deutlicher fallen aber natürlich auch die Unterschiede auf. Einen besonders krassen Selling Point konnten wir bei unserer SWISS-Erfahrung nun nicht ausmachen, die Unterschiede zum Mutterkonzern Lufthansa sind zwar vorhanden, fallen für uns aufgrund persönlicher Sitzplatz-Vorlieben aber nicht so stark ins Gewicht.
An der Stelle vielleicht nochmal als Disclaimer: Wir sind die Business Class-Flüge durch unsere Meilen fast umsonst geflogen, also eigentlich kein Grund zu meckern, oder? Da es aber viele Leute und Firmen gibt, die hunderte, bzw. tausende Euro für diese Reiseklasse ausgeben, darf man in unseren Augen schon etwas genauer hinschauen. Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen zahlenden Passagier bei der Suche nach der richtigen Airline!
Nun aber zu euch: Wie sind eure Erfahrungen mit der SWISS? Seid ihr schonmal mit den Schweizern Business Class geflogen? Was waren eure Eindrücke?