Trotz Tourismus-Boom ist Costa Rica in vielen Bereichen immer noch wild und ungezähmt. Im Cahuita National Park an der Karibikküste wurde uns das mit zahlreichen Wildlife-Begegnungen nochmal so richtig bewusst.
Der Cahuita National Park liegt an der südöstlichen Spitze von Costa Rica direkt an der Karibikküste und nur wenige Kilometer von der Grenze zu Panama. Zu der verhältnismäßig kleinen Landfläche von 11 km² gesellt sich nochmal die geschützte Meer-Fläche von ca. 6 km². Schnorchel-Freunde finden in letzterer ein 242 Hektar großes Riff (eines der letzten lebenden Korallenriffe Costa Ricas) mit 35 Korallenarten und zahlreichen Fisch- und Krustentieren zur Verfügung. In der Satellitenansicht von Google Maps lässt sich die markante Struktur der Landzuge, die den Park bildet und des vorgelagerten Riffs deutlich erkennen.
Wer einen Bade/Schnorchel-Ausflug plant, sollte dies außerhalb der Regenzeit tun, wenn das Meer ruhiger ist und die Wetteraussichten generell etwas sonniger. Zu unserem Reisezeitpunkt Ende Juni war die See verhältnismäßig rau und nicht unbedingt geeignet zum Baden bzw. Schnorcheln im Meer. Plant man den Cahuita National Park als Bade-Destination ein (was durchaus gängige Praxis ist, da die Strände zu den schönsten in Costa Rica gehören), sollte man sich zudem bewusst werden, dass es mehrere Süßwasser-Zuflüsse im Park gibt, in denen Krokodile unterwegs sein können, die sich dadurch auch schon mal an die Strände verwirren können. Unfälle sind selten, kommen aber immer wieder vor. Wir wollen an der Stelle keine Panik verbreiten, aber eine gewisse Grundvorsicht ist sinnvoll. Das gilt natürlich nicht nur für den Cahuita National Park, sondern für die meisten Strände des Landes.
Zugang zu der markanten Landzunge bekommt man vom gleichnamigen Ort Cahuita über die Rangerstation Kelly Creek (zahlreiche privat angebotene (kostenpflichtige) Parkplätze) oder durch die Puerto Vargas Station südlichwestlich des Parks (da haben wir keine Erfahrungen). Kommt man via Kelly Creek, ist der Park-Eintritt frei. Besucher werden allerdings um eine Spende gebeten. Bei der Rangerstation Puerta Vargas muss man hingegen 10 US Dollar Eintritt bezahlen. Wer sich für die eingangs erwähnte Schnorchel-Geschichte interessiert, muss wohl mit Kosten um die 25 US-Dollar rechnen.
Alternativ können Hartgesottene wohl auch von Süden aus über den Strand in den Park hinein wandern. Wie die Kostensituation in dem Fall ist, können wir leider nicht sagen.

Der Weg von der Kelly Creek-Rangerstation bei Cahuita durch den Cahuita National Park führt entweder über den unberührten Karibik-Strand oder über einen angelegten Weg wenige Meter landeinwärts. Was sofort positiv auffällt: nur wenige Touristen sind hier unterwegs, kein Vergleich mit dem Dschungel-Strand-Paradies Manuel Antonio an der Pazifikküste.
Sowohl der Weg über den Strand als auch der breite, gut angelegte Weg landeinwärts sind sehenswert. Tendenziell ist die Chance Wildlife zu beobachten auf dem „Landweg“ größer (so war es zumindest bei uns). Wir haben uns daher entschieden landeinwärts loszuwandern und dann auf dem Rückweg am Strand entlang zu spazieren.

Richtig gut und breit ausgebaut ist der Weg nur bis zum Meerzufluss des Rio Suarez. Aber auch in dieser ersten Etappe sind theoretisch schon Wildlife-Sichtungen möglich. In unserem Fall haben wir die berühmten Brüllaffen in diesem Bereich nur gehört, später sollten wir da mehr Glück haben.


Dafür bekamen wir gleich mehrere andere interessante Bewohner schon relativ zu Beginn zu sehen. Am Anfang wurden wir von einem auf Kunden wartenden Guide auf gleich zwei Schlangen aufmerksam gemacht. Wir sind uns nicht zu 100% sicher, aber der rechte Kandidat dürfte die Greifschwanz-Lanzenotter und damit eine der giftigsten Schlangen in Costa Rica sein.

Generell sollte man in Costa Rica auf Schlangen aufpassen. Tatsächlich kommt es pro Jahr zu 500 bis 600 Bissunfällen mit Giftschlangen. Nur 1,5 Prozent davon enden tödlich, auch dank guter medizinischer Versorgung im Land. Diese Versorgung ist aber nicht unbedingt im Hinterland gewährleistet. Wer alleine und abseits der Pfade durch die Natur wandert, lebt hier definitiv gefährlich, Vorsicht ist also generell angebracht. Insgesamt leben 137 verschiedene Schlangenarten in dem kleinen Land, der Großteil davon ist ungiftig, 22 Arten davon sind giftig. In 10 Tagen haben wir tatsächlich 3 Schlangen in freier Wildbahn gesehen, davon 1-2 giftige (bei dem gelben Exemplar sind wir uns nicht sicher). Gefährlich waren die Situationen aber nie, wer mit gesundem Menschenverstand und respektvollem Abstand unterwegs ist, kann einen Großteil der Risiken minimieren.

Wer sich jetzt schon in die Hosen macht, sollte vielleicht nicht weiterlesen, denn der Großteil der Tiersichtungen im Cahuita National Park waren tatsächlich Spinnen, genauer gesagt Goldene Seidenspinnen (Golden Silk Orb Weaver). Die manchmal Hand-großen Exemplare tauchen in der Karibikregion (in Mexiko haben wir beispielsweise auch schon Bekanntschaft mit den Achtbeinern gemacht) eigentlich überall auf und warten in der Regel in ihren strategisch platzierten Netzen auf Beute. Problem an der Sache: gerade auf engeren, weniger frequentierten Waldwegen sind die hauchdünnen Meisterwerke auch schonmal quer über den Weg gespannt und wer nicht aufpasst, findet sich im Netz einer großen Dschungelspinne wieder. Der Biss der Seidenspinnen ist für den Menschen ungefährlich, kann aber trotzdem schmerzen… viel schlimmer dürfte der „Ekelfaktor“ sein, sich plötzlich im Netz einer für europäische Verhältnisse gigantisch großen Spinne wiederzufinden. Vor allem ist das Netz der Art nicht von schlechten Eltern, weil es besonders reißfest ist und in manchen Teilen der Welt gar zur Herstellung von Fischernetzen verwendet wird.

Naja, mit anderen Worten: die Seidenspinnen sind ungefährlich, aber wenn man nicht mit ihnen auf Tuchfühlung gehen will, sollte man mit offenen Augen durch den Dschungel laufen…auch im Cahuita National Park. Auf engeren Wanderwegen waren wir teilweise mit einem langen Stock bewaffnet, mit dem wir in unübersichtlichen Passagen vor uns den Wanderweg abgetastet haben, um nicht versehentlich der Spinne ins Netz zu laufen.
Auch Vogelspinnen (die nochmal größer sind als die Goldene Seidenspinne) kommen in der Region vor, für den Menschen gefährlich sind aber auch diese nicht. Aufpassen sollte man vor der Brasilianischen Wanderspinne (oft auch als Bananenspinne bezeichnet) und der – übrigens auch in den USA häufig vorkommenden – Schwarzen Witwe, deren Biss für den Menschen tödlich sein kann. Von diesen gefährlichen Exemplaren haben wir aber keine zu Gesicht bekommen und selbst wenn: auch diese Tiere greifen nur an, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen.

So, genug der Horrorstories, oder? Ein bisschen Mut gehörte nach Krokodilwarnungen, Spinnen- und Schlangenbegegnungen für uns aber auch dazu, als der breit angelegte Weg plötzlich an der undurchsichtigen Flussmündung des Rio Suarez im Meer endete. Wer weiter wollte, musste dadurch. Entgegenkommende Parkbesucher erledigten das recht souverän, weswegen wir dann auch unsere Bedenken beiseite räumten, die Hosen hochkrempelten und loswatteten. Warum sollten die Krokodile ausgerechnet uns attackieren, wenn hier ständig Parkbesucher durchpatschen? Erwartungsgemäß blieb die Kroko-Attacke aus, aber ein bisschen unheimlich war es trotzdem knietief durch einen erdig braunen Fluss zu watten, von dem wir wussten, dass er theoretisch Krokodile beherbergen könnte.

Hinter der Flussdurchquerung wurde der Dschungel-Spaziergang deutlich unwegsamer. Der angelegte Weg schrumpfte auf ein Drittel seiner Breite, der Strand ist in dieser Passage deutlich wilder und schlechter passierbar. Auf dem angelegten Weg steigt aufgrund in den Weg ragender Dschungel-Vegetation auch die Spinnendichte nochmals an. Netzen mitten im Weg begegnet man durch den recht stetigen Besucherstrom aber zum Glück nicht. Nach einer gewissen Zeit verändert sich der Weg in einen angelegten, etwas höher gelegten Holzpfad durch das sumpfige Hinterland des Parks.

In diesem Bereich versteckte sich ein weiteres gigantisches Highlight unseres zu Ende gehenden Costa-Rica-Trips und zwar eine große Gruppe Brüllaffen. Der Name ist bei der in Mittel- und Südamerika heimischen Klammerschwanzaffen-Art Programm. Meistens hört man sie lange, bevor man sie sieht…tatsächlich auch noch in weit entfernten Hotel-Anlage, die Geräusche ähneln einem tiefen Hundebellen, sind allerdings noch lauter. Das Gebrüll dient der Kommunikation verschiedener Gruppen untereinander, es kann sowohl von Männchen als auch den Weibchen kommen.

Generell nutzen die Affen-Herren der Schöpfung das ganze aber natürlich auch, um die Damenwelt zu beeindrucken und sich gegen Mitbewerber durchzusetzen. Wenn man sie live und in Farbe sieht und das scheint gerade in den Sumpfberechen des Cahuita National Parks durchaus regelmäßig möglich zu sein (entsprechende Beobachtungsposten mit Bänken sind an mehreren Stellen angebracht), steckt hinter dem lärmenden Getöse eine eigentlich ganz süße, sehr agile Affenart. Die Brülaffen sind 60-90 Zentimeter groß und wiegen bis zu 10 Kilogramm, die Männchen sind immer deutlich schwerer als die Weibchen.

Wir verbrachten eine halbe Ewigkeit mit der faszinierenden Beobachtung der Affengruppe, die es sich in sicherer Entfernung in den gut sichtbaren Baumkronen gut gehen ließ und immer wieder akrobatische Kletter-Manöver vorführte. Einige Ausreißer näherten sich uns bis auf wenige Höhenmeter Entfernung, zeigten aber wenig Interesse an uns. Kein Vergleich zum Manuel Antonio National Park, wo die Kapuzineräffchen den Touristen Proviant geklaut haben. Der Fakt, dass die Tiere stets noch die Distanz zum Menschen wahren, sorgte dafür, dass uns der Cahuita National Park deutlich sympathischer und ursprünglicher im Gedächtnis blieb, als der überlaufene Manuel Antonio National Park.

Da der Tag schon recht fortgeschritten war, kehrten wir nach unserer Begegnung mit den Brüllaffen um und nahmen – wo es möglich war – den Rückweg über den malerischen, fast menschenleeren Strandabschnitt, wo wir dann einfach die Sonne, das Meer und den ohrenbetäubenden Lärm genossen, der zwischen tosender Brandung und dem puren Leben im Dschungel hin und her geworfen wurde.

Ihr merkt es schon: Der Cahuita National Park an der Karibikküste Costa Ricas hat es uns ziemlich angetan. An unserem letzten richtigen Tag bevor es den langen Weg zurück nach San Jose ging, durften wir in einem zunächst unscheinbar wirkenden Mini-National Park noch einmal erleben, wie wild Costa Rica eigentlich war. Nur wenige Meter, nachdem man die westliche Infrastruktur hinter sich lässt, übernimmt die Dschungelwelt die Regie und degradiert den Touristen zum Spielball in einer fremden, nicht selten auch gefährlichen Welt. Die Tiere sind echt, die Natur ist echt, auch die Gefahr ist echt. Wir sind unglaublich dankbar, dass wir das so kurz vor Ende der Reise nochmal ungefiltert im Cahuita National Park erleben durften. Hier leben Tourismus und urtümliche Wildnis wirklich so nah zusammen, wie man es sonst nur sehr selten vorfindet und wir hoffen, dass diese verschwommene Grenze noch lange so existiert und der Mensch in dieser abgelegenen Gegend des boomenden Reiseziels Costa Rica nicht die völlige Überhand gewinnt.
Wart ihr schonmal im Cahuita National Park? Was habt ihr in dem kleinen Gebiet erlebt und gespottet?
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Gerade das Wilde reizt mich an Costa Rica. Ich habe mal eine Costa Rica Rundreise gemacht und obwohl viele Dinge organisiert waren, hat man auch gemerkt, dass so manches doch einfach noch so läuft, ohne dass viel darüber nachgedacht wird, ohne dass es Massentourismus ist und das hat mir sehr gut gefallen.
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Danke für deine Erfahrungen! 🙂 Ja, es ist definitiv alles mehr „laid back“ in Costa Rica, fanden wir auch sehr angenehm!
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